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Samstag, 02. November 2024

          

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Mit der Bergzahnradbahn auf den Monte Generoso

(red) Einmal Pierce Brosnan sein, ganz oben stehen und sich dann fallen lassen. Kein Problem, am Eingang zum Verzarsca-Tal im Tessin wölbt sich genau die Talsperre in die Höhe, von der sich 007 in „GoldenEye" in die Tiefe stĂŒrzte. Nicht nur James-Bond-Fans können dem Geheimagenten seiner MajestĂ€t hier nacheifern. Die höchste stationĂ€re Bungee-Sprunganlage der Welt befindet sich in der Mitte des 380 Meter breiten und 220 Meter hohen Staudamms am Vogorno-See und sorgt bei Schwindelfreien fĂŒr wohliges Gruseln. FĂŒr 225 Schweizer Franken etwa acht Sekunden im freien Fall bis das Gummiband nach oben reißt, dazu umsonst eine Jahresration Adrenalin, fĂŒr gĂ€nzlich Unerschrockene „sind sogar nachts SprĂŒnge möglich", sagt Omar Gisler, Mediendirektor von Ticino Turismo. Der sĂŒdlichste Schweizer Kanton ist mit mehr als 2.300 Sonnenstunden die verwöhnteste Region im Land der Eidgenossen und lĂ€sst mit 3.600 Kilometer Wanderwege, 740 Kilometer Radwege und mehr als 130 Bergseen die Herzen aller Naturfreunde höher schlagen.

Das Verzarsca-Tal hat aber noch viel mehr zu bieten, speziell fĂŒr Outdoor-Liebhaber, die Expeditionen zu Fuß oder per Mountainbike einem eintönigen Strandurlaub vorziehen. Das smaragdgrĂŒne „Herz des Tessins" lockt mit kristallklarem Wasser, einer bizarr-schön geformten Felsenlandschaft und nicht zuletzt mit dem Fotomotiv, das in keiner Bilderschau fehlen darf – der romanischen DoppelbogenbrĂŒcke „Ponte dei Salti" mit dem Kirchturm von Lavertezzo dekorativ im Hintergrund. Beim Bewundern der Kaskaden vom trockenen Ufer aus bleibt es nicht fĂŒr alle, denn die bis zu 14 Meter tiefen Verzasca-GewĂ€sser sind fĂŒr Flusstaucher und Unterwasserfotografen ein permanentes Suchtrisiko. UngefĂ€hrlich ist dies nicht, da plötzliche NiederschlĂ€ge weiter oben im Tal die Verzarsca zu einem reißenden Fluss anschwellen lassen können. Aber man muss nicht unbedingt durch ihre GebirgsbĂ€che schwimmen, die TĂ€ler im Tessin lassen sich auch mit dem Reisemobil erkunden. Das schmale Verzarsca-StrĂ€ĂŸchen mit nur wenigen Serpentinen ist fĂŒr geĂŒbte Wohnmobil-Fahrer ohne Anstrengung zu bewĂ€ltigen, schließlich fĂ€hrt auch der legendĂ€re Schweizer Postbus regelmĂ€ĂŸig bis zur Endhaltestelle in Sonogno. Das StĂ€dtchen steht exemplarisch fĂŒr das Ortsbild der Siedlungen in den TĂ€lern mit ihren steinernen Kirchen samt imposanten GlockentĂŒrmen, den typischen weiß umrandeten Fenstern (um MĂ€use und Gespenster abzuschrecken), den empfehlenswerten Landgasthöfen (Grotti) und charakteristischen MarktplĂ€tzen (Piazetti). Die Legende besagt, dass Fabelwesen die WĂ€lder verließen, um „armen Menschen mit reinen Herzen" beim Hausbau zu helfen. In einer einzigen Nacht hĂ€tten sie aus magischen Steinen die einfachen GebĂ€ude und StĂ€lle errichtet, die den heutigen Charme der Tessiner SeitentĂ€ler ausmachen: die Rustici. Sie bilden mit ihrem grauen Fassaden und anthrazit farbenen SchieferdĂ€chern einen reizvollen Kontrast zum GrĂŒn der FlĂŒsse und WĂ€lder. Die einst kĂ€rglichen UnterkĂŒnfte begeistern heute Berg- und Wanderfreunde aus aller Welt, die ein StĂŒck authentisches Tessin erleben wollen.

Was wĂ€re das Tessin ohne seine Bergbahnen? „Zwischen Airolo und Chiasso gibt es mehr als 20 solcher Bahnen, die die Besucher auf die Gipfel bringen", berichtet Omar Gisler, „darunter die Standseilbahn RitĂłm in Piotta, die mit einer Neigung von bis zu 88 Prozent eine der steilsten Bahnen der Welt ist." WĂ€hrend diese Seilbahn vor 90 Jahren die Arbeiter zum Bau des RitĂłm-Staudamms hochtransportierte, erreicht man den Hausberg Locarnos, den Cardada auf 1340 Meter Höhe, bequem innerhalb von fĂŒnf Minuten mit der vom Tessiner Stararchitekten Mario Botta entworfenen Luftseilbahn. Oben angekommen, trauen sich schwindelfreie GĂ€ste auf die scheinbar schwebende Aussichtsplattform mit einem sensationellen Blick auf den See und den gegenĂŒberliegenden Monte Tamaro. „Mit etwas GlĂŒck kann man von dort den tiefsten Punkt, die Delta Flussebene bei Ascona, und die höchste Spitze der Schweiz, den Monte Rosa, sehen", erzĂ€hlt der Tessiner Mediendirektor. Wer ohne Schnaufpausen noch 330 Meter höher hinauf will, nimmt den Sessellift auf die Cimetta und genießt von der geologischen Beobachtungsstation aus einen Panoramablick von 360 Grad. Bei gutem Wetter lockt der Rhododendron-Pfad die Bergwanderer weiter zum Gipfel des Madone auf 2.000 Meter. Auf keinen Fall dĂŒrfe man den Ausflug auf den berĂŒhmtesten aller Tessiner Aussichtsberge verpassen, den Monte Generoso, sagt Gisler. Dabei könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: der unvergleichliche Blick vom Gipfel und die Fahrt mit der einzigen Bergzahnradbahn ihrer Art. Parken kann man das Reisemobil ĂŒbrigens in GehnĂ€he zur Talstation in Capolago. 40 Minuten ruckeln die Bahnfahrer die neun Kilometer lange Strecke zur Bergstation auf 1.600 Meter Höhe. Nostalgie pur – die Zahnradbahn wurde 1890 eröffnet – und gleichzeitig Entschleunigen beim Anblick der vorbeiziehenden Landschaft in Cinemascope. FĂŒr Astronomie-Freunde bietet der Generoso nach Recherchen der Tessiner Zeitung eine faszinierende Neuheit: „Dank eines leistungsfĂ€higen Teleskops kann jetzt die Sonne im Detail betrachtet werden." Organisiert wird das Angebot von der Astronomie-Gruppe Sonnenbeobachtungen.

Auf der RĂŒckfahrt an den Lago Maggiore lohnt sich ein Stopp bei Swissminiatur in Melide, vier Kilometer sĂŒdlich von Lugano. „Auf einer FlĂ€che von 14.000 Quadratmeter erleben unsere Besucher mehr als 120 handgefertigte Modelle der bekanntesten GebĂ€ude, Kathedralen, DenkmĂ€ler und Transportmittel der Schweiz", sagt Martina Di Ponziano, Verkaufsleiterin der Exposition Swissminiatur, „alle im Maßstab 1:25, außerdem fahren Modelleisenbahnen mit 18 ZĂŒgen durch das GelĂ€nde." Im Juni 2011 kamen der Glacier Express und Elm als neue Modelle hinzu. Seit der Eröffnung des Parks anno 1959 haben Di Ponziano zufolge mehr als 21 Millionen Modellbau- und Modellbahnbegeisterte die Ausstellung bewundert, kein Wunder, „wir sind der einzige Miniaturpark der Schweiz."

ZurĂŒck in Locarno ist die Bootsfahrt zu den Brissago-Inseln, dem Botanischen Garten des Tessins, ein Muss - nicht nur fĂŒr Gartenliebhaber. Rund 1700 Pflanzenarten aus allen Kontinenten warten auf die 500 bis 1.000 Besucher, die tĂ€glich das Inselchen San Pancrazio ansteuern. Den ersten Park ließ die Baronin Antonietta de Saint-LĂ©ger bereits 1885 mit exotischen GewĂ€chsen und einem herrschaftlichen Haus anlegen. Ihr Salon entwickelte sich zum Treffpunkt der politischen und kulturellen Elite, darunter Exil-Russen wie Lenin und Trotzki oder Literaten und Maler wie Paul Klee, James Joyce oder Hermann Hesse, dessen 50. Todestag in 2012 hier gefeiert wird. Schließlich lebte der Schriftsteller mehr als 40 Jahre im Tessin und schuf die Werke „Siddharta" oder „Der Steppenwolf". In Montagnola bei Lugano befindet sich im ehemaligen Wohnhaus das Hesse-Museum samt Rundweg, auf dem sich der Dichter von der Landschaft inspirieren ließ. Pflichtbesuch fĂŒr Hesse-Fans ist der Friedhof von Gentilino, wo sie am Grab ihres Idols eine Gedenkminute einlegen können.

Rings um den Lago Maggiore befinden sich mit die schönsten CampingplĂ€tze im Tessin. Einige haben sich der „Associazione dei Campeggi Ticinesi" angeschlossen, um gemeinsam fĂŒr ihre Interessen einzutreten, beispielsweise durch einen Gemeinschaftsstand auf Touristikmessen oder mit gezielten Werbeaktionen. Die PlĂ€tze haben den Vorteil, dass die GĂ€ste mit dem Wohnmobil vom See aus Tagestouren in die Umgebung unternehmen können. Hier eine Auswahl:

Zwischen der MĂŒndung der Verzarsca und dem Nordufer des Lago Maggiore erstreckt sich der Campingplatz Campofelice auf einer kleinen Halbinsel. „Mit 235.000 Übernachtungen pro Saison und 860 StellplĂ€tzen zĂ€hlt unser mehrfach ausgezeichnetes Camping-Paradies zu den grĂ¶ĂŸten und renommiertesten PlĂ€tzen Europas", sagt Simone Patelli, stellvertretender GeschĂ€ftsfĂŒhrer des 5-Sterne-Platzes in Tenero. Knapp die HĂ€lfte der StellplĂ€tze verfĂŒge ĂŒber einen Trinkwasseranschluss und sei direkt an das Abwassersystem angeschlossen. 110 SaisonplĂ€tze, drei Ferienwohnungen und 29 Mietwohnwagen runden das Angebot ab. Seit 1955 auf dem Markt hat sich Campofelice zu einem internationalen Camping-Treffpunkt entwickelt. „Unsere GĂ€ste kommen zu 50 Prozent aus der Schweiz, ein Viertel aus Deutschland und circa 20 Prozent aus den Niederlanden", erzĂ€hlt Patelli, dessen Platz 2009 das begehrte Eco Camping GĂŒtesiegel bekommen hatte. Eine unter vielen Auszeichnungen aus dem In- und Ausland. FĂŒr 2011 hat das Team von Campofelice ein neues bemerkenswertes Projekt angeschoben. „In Zusammenarbeit mit der Stiftung Cerebral haben wir einen Rollstuhl tauglichen Bungalow eingerichtet", sagt Patelli, „um bewegungseingeschrĂ€nkten GĂ€sten und deren Familien eine Urlaubsform anzubieten, bei der sie gut versorgt und mit allen Hilfsmitteln ausgestattet sind." Ein Zeltpavillon als wetterunabhĂ€ngiger Unterhaltungsraum mit einer 20 Quadratmeter großen LED-Leinwand fĂŒr TV-Übertragungen und FilmauffĂŒhrungen sowie ein Bootshafen mit Tret-, Schlauch- und kleinen Motorbooten sowie Kajaks und Kanus bilden weitere Highlights fĂŒr die Campofelice-GĂ€ste.

Der Campingplatz Tamaro in Tenero existiert seit 60 Jahren, doch erst 2006 hat ihn in die Familie um Senior Veio Zanolini erstanden und professionell in die Liga der besten PlĂ€tze am See gefĂŒhrt. „WĂ€hrend andere Platzbetreiber klagen, konnten wir den Umsatz in Jahr 2011 um rund fĂŒnf Prozent steigern." Warum? Weil die GĂ€ste die QualitĂ€t des Camping Tamaro belohnten, und diese zu halten, ist nicht umsonst zu haben. „Wir investieren jedes Jahr rund 150.000 Franken in unseren Platz, in diesem Jahr beispielsweise in den Ausbau des Internet", erzĂ€hlt die GeschĂ€ftsfĂŒhrerin, Tochter Karin. Auf den 50.000 Quadratmeter FlĂ€che hĂ€tten bis zu 2.000 GĂ€ste Platz, wobei von den 430 StellplĂ€tzen allein 130 ihren Dauercampern zur VerfĂŒgung stĂŒnden. 70 Prozent der GĂ€ste stammten aus der Schweiz, etwa 20 Prozent aus Deutschland, weniger als zehn Prozent aus den Niederlanden und der kleine Rest verteile sich auf Frankreich und Italien. Der nĂ€chste Marketing-Clou wird nicht nur die StammgĂ€ste des Tamaro-Campingplatzes begeistern. „Wir bieten als erster Campingplatz im Tessin seit 2011 eine Schönwetter-Versicherung als eine Art Rabattaktion an", sagt Karin Zanolini. FĂŒr neun Prozent des Übernachtungspreises erhĂ€lt der Versicherungsnehmer eine Übernachtung gratis, falls es am Vortag zwischen 8 Uhr und 20 Uhr fĂŒnf Millimeter oder mehr geregnet hat. Meteo Schweiz als neutrale Instanz stelle im Streitfall die Messdaten zur VerfĂŒgung. „Etwa 300 unserer GĂ€ste haben diese Versicherung bei uns abgeschlossen", sagt Zanolini. Ausgezeichnet mit dem Swiss Quality Award ist der 5-Sterne-Camping Tamaro auch ein heißer Kandidat fĂŒr die PrĂ€dikat „Eco Camping".

Der Delta Campingplatz sĂŒdlich von Locarno an der Maggia-MĂŒndung gelegen, könnte kein besserer Ausgangspunkt fĂŒr AusflĂŒge nach Ascona oder ins Maggia-Tal sein. Den Familienbetrieb, den Mila Merker seit 1998 in der dritten Generation fĂŒhrt, gibt es schon seit 1957. „Damals war dies zum See hin Brachland und im hinteren Bereich eine Kiesgrube." Nach und nach habe sich daraus ein Campingplatz mit 5-Sterne-QualitĂ€t entwickelt. Anfangs eher willkĂŒrlich angelegt, dafĂŒr mit viel Platz, BĂ€umen und RasenflĂ€chen, loben die GĂ€ste heute das „organisch gewachsene Areal, das teilweise eher einem Labyrinth Ă€hnelt", lacht Merker. Zum 50. Geburtstag habe die Familie den Platz mit seinen 300 PlĂ€tzen komplett neu gestaltet, dennoch habe man die ursprĂŒngliche „natĂŒrliche Struktur" belassen. Das Konzept gibt ihm recht, bereits im Jahr 2003 wurde Camping Delta das GĂŒtesiegel „Swiss Quality Award" vom Schweizer Tourismusverband verliehen.

Im selben Jahr wie der Delta hat die Großmutter der Familie Pedrazzini den Campeggio Lido Mappo in Tenero eröffnet. Nach dem großen Umbau 1989 und der Erweiterung des Angebots durch einen Einkaufsladen und ein Restaurant 2005 bieten Tommaso Pedrazzini und seine drei Geschwister auf einer FlĂ€che von 65.000 Quadratmeter 450 StellplĂ€tze, darunter knapp 100 fĂŒr DauergĂ€ste, an. Viele davon sind direkt am Lago Maggiore angelegt und lassen den morgendlichen Blick vom Kaffeetisch auf Ruderer und Kajak-Paddler zu. Rund 100.000 Übernachtungen zĂ€hlt Pedrazzini im Jahr auf dem 5-Sterne-Platz, wobei er sich auf seine StammgĂ€ste aus der Schweiz, aus Deutschland und den Niederlanden verlassen kann. „Eine hollĂ€ndische Familie ist die absolute Rekordhalterin, sie kommt seit 51 Jahren auf den Lido Mappo."

Die Camping-Saison am Lago Maggiore beginnt zwei Wochen vor Ostern und dauert bis Ende Oktober.

03.01.12

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